Die französische Küche war für mich einer von vielen Gründen, mal bei unseren Nachbarn leben zu wollen. Erfreulicherweise hat der französische savoir vivre sehr schnell auf mich abgefärbt: Bald schon rannte ich jeden Samstag mit verklebten Augen und unordentlichen Haaren zur Markthalle, um mich dort mit dem Rest von ganz Dijon um frisches Gemüse, warmes Brot und hausgemachten Ziegenkäse zu kloppen. Ein heimlicher Höhepunkt für mich war der dortige käufliche Erwerb von Gemüsesorten, die ich noch nie zuvor probiert hatte. Ein Resümee.
- navet boule d’or: gelbe Rübe
Die goldene Rübe schmeckt – trotz ihres edlen Namens – auch nicht anders als ihre blassrosa Schwester, das Mairübchen, nämlich: Nach irgendwie nicht viel. Kurz angebraten, zu Spitzkohl und mit einem Schuss Limette ist sie aber genauso fantastisch. - scorsonère: Schwarzwurzel
Nachhaltiger als ihr Geschmack (leicht würzig & scharf) war nur ihre Farbe: Während ich meinen Schwarzwurzel-Salat in nur wenigen Minuten verzehrt hatte, dauerte es Stunden, bis meine Hände wieder sauber waren. - topinambour: Topinambur
Das größte Schwierigkeit war hier, dieses knollige Ding überhaupt zu schälen. In dünnen Scheibchen und mit Apfelstückchen und Feldsalat ergab der knackige topinambour aber schließlich einen perfekten Frühlingssalat. - crosne: Knollen-Ziest
Was für Würmer sind das denn?! Als ich meine neueste Eroberung stolz in die Wohnung meiner Mitfreiwilligen trug, stieß die Chinesische Artischocke auf größtes Unverständnis. Als sie dann erstmal gesäubert und angebraten war, war es eine fast kartoffelig-schmeckende Liebe auf den zweiten Blick.
Interessant fand ich bei diesem „Ich-probier-alles“-Experiment vor allem den unterschiedlichen Kenntnisstand der Menschen um mich herum: Während für eine (vegetarisch lebende) Freundin aus Deutschland der Topinambur längst ein alter Hut war, guckte eine Freiwillige mich fragend an, als ich verzückt jubelte über das ihr unbekannte Bio-Gemüse in ihrer Hand (es handelte sich um Mangold). Die Freiwilligen im ökologischen Jahr dagegen, die auf ihren Bio-Bauernhöfen täglich mit frischem Gemüse hantierten, brachten uns vom Land interessant gefärbte Rübchen und Radieschen mit, die wir alle in dieser Form noch nie gesehen (oder probiert) hatten. Ich merkte zunehmend, wie sich mein Geschmack veränderte: Oft stand ich im Supermarkt vor dem, meist importierten, Gemüse und hatte überhaupt keine Lust, irgendetwas davon mitzunehmen, weil alles so glatt und perfekt aussah. Ist mir ein französischer Gaumenschmaus entgangen oder sind das alles keine Neuigkeiten für meine deutschsprachigen, bio-erfahrenen Leser? Ich freue mich über Input.
Petra 8. Dezember 2018
Jetzt weiß ich also, WAS ich da letzte Woche gegessen habe! Die hatten die runden französischen Rüben. Hat lecker geschmeckt, heute wollte ich Nachschub holen, aber es gab keine mehr. Wer weiß, vielleicht war es eine Fehlbestellung, denn der Mitarbeiter (in einem anderen Rewe) wusste überhaupt nicht, wovon ich sprach.
Egal, wenn ich sie wieder mal irgendwo sehe, werden sie wieder gekauft :-)