Nahezu jede Ausgabe des letzten Monats aller großen Musikzeitschriften waren geprägt davon, der Musikexpress titelte mit „Die Klasse von 2005 meldet sich zurück“: Franz Ferdinand, die Arctic Monkeys und die Babyshambles liefern alle neue Alben, was ja wirklich Assoziationen an ein Indie-Klassentreffen hervorruft. In der Süddeutschen las ich dann diesen Satz, der ein kleines bisschen von meinem Herz mitnahm:
Gut zehn Jahre ist das jetzt her – für die Fans, die seinerzeit die Welle getragen haben, eine verklärte Teenie-Erinnerung.
Weil sie damit so Recht hat: Verklärte Erinnerungen an pubertären Schul-, Eltern-, Freundschafts-, Liebesfrust, den man anschließend in irgendeinem schäbigen Rockschuppen mit seinem Lieblingslied von Franz Ferdinand, den Babyshambles, Bloc Party, den Libertines, den Wombats, Kaiser Chiefs, Hives oder Strokes wegtanzte, vielleicht aber auch nur allein in seinem Kinderzimmer, das immer noch diesen hässlichen Fußboden hatte, auf dem man schon als Kleinkind rumkrabbelte.
Einen Monat zuvor, hatte ich, in der Nacht meines Geburtstages, erfahren, dass meine bis dato Lieblingsband aus Jugendzeiten – die Band, bei der ich das erste Mal erfuhr, wie es sich anhört, ein, oder das perfekte Album anzuhören, die so ziemlich jedes Gefühl meines pubertierenden Körpers in Musik verpackte, die einzige Band, die ich mir als Aufkleber auf mein Fahrrad klebte – wohl nie wieder zusammenkommen wird, um ein Album aufzunehmen und dass ich Auf Wiedersehen sagen muss, obwohl ich sie tatsächlich nie live gesehen habe oder werde.
Im letzten Jahr kam Bloc Partys Four fast pünktlich zum Erscheinungsdatum bei mir an, und ehrlich gesagt, hatte ich da schon angefangen, Auf Wiedersehen zu sagen, denn wirklich kein Lied sprach in irgendeiner Weise zu mir, wie das die Songs der vorherigen Alben getan hatten. Es war das erste Bloc Party-Album, bei dem ich wirklich keinerlei Gefühl spürte. Das Gefühl kam auch nicht mit einem halben oder ganzen Jahr Verspätung an, sondern wurde nur durch den Geschmack von Erwachsenwerden ersetzt. Die Klasse von 2005 wird abgelöst von der nächsten und übernächsten Generation, die mittlerweile auf Auto-Tune-Stimmen und Electrobeats tanzt und vielleicht sind wir auch schon viel zu müde geworden, um überhaupt noch zu tanzen. In ein paar Jahren gibts unsere Jugend dann zusammengestellt zum Nostalgie-Sampler bei iTunes, weil die ramschige CD-Grabbelkiste im Supermarkt bis dahin längst ausgestorben ist.
Bloc Party für ihren Teil liefern noch die Nextwave Sessions ab, die wie ein kleines Adieu daherkommen – und plötzlich ist es wieder da, das Gefühl, das sich einmal durch meinen Körper zieht, irgendwo zwischen Herz und Magen lokalisiert, irgendwo zwischen Aufregung und gebrochenem Herzen.
ísbärwolfin 22. Oktober 2013
so wahr und ehrlich deine Worte.
takk meine liebe!