In einer der engen Straßen der Innenstadt Valencias, an einem sonnigen Januartag, auf meinem Nachhauseweg: Eine Gruppe junger Erwachsener führt eine Wasserballschlacht; die eine Hälfte vom Balkon aus auf die Straße, die andere Hälfte von der Straße auf den Balkon. Passanten beschweren sich lautstark, oder flüchten geduckt am Geschehen vorbei. Ich lächle.
Als wir das Meer suchten
Magischer Moment heute
Ich stehe in einer frutería, und habe einen ganzen Berg Gemüse in meinen Armen angesammelt, weil ich meinen Stoffbeutel vergessen habe, und man hier sonst alle Lebensmittel in kleine Plastikbeutel steckt, die zuhause alle bereits alle Schränke füllen.
Ich habe meine Fähigkeiten wahrlich überschätzt, denn gerade frage ich mich, wie ich 500 g Möhren jetzt noch auf dieser Pyramide in meinen Armen stapeln soll.
„Coge una bolsa.“ („Nimm eine Tüte.“) Ich schaue zur Seite, und da steht ein Mädchen in Schuluniform, vielleicht 10, 11 Jahre alt, das mich sehr ernst anschaut. Danach bringt sie mir eine Plastiktüte. Ich bedanke mich.
Drei Bücher
Drei Frauen, die mich seit Weihnachten begleiten: Elizabeth Zimmermann, Sonia Delaunay und Kate Davies. Das mittlere Buch war ein das schönste Weihnachtsgeschenk, das linke entdeckte ich in einer Umzugskiste und das rechte schenkte ich mir selbst. Und obwohl alle drei zusammen recht schwer sind, konnte ich einfach nicht anders, als sie alle mit nach Spanien zu nehmen.
Von rechts nach links:
Kate Davies ist meine liebste Strickdesignerin. Kate war vor einem Schlaganfall (von dem sie sich immer noch erholt) Geschichtsprofessorin und verbindet die Geschichte und Landschaft Schottlands in ihren Entwürfen, und zwar so, wie ich das bei keiner anderen Designerin zuvor gesehen habe. Ihre Muster haben immer eine eigene Geschichte und Inspiration, sind technisch raffiniert und nie langweilig. Colours of Shetland ist ihr erstes Strickbuch, und es ist noch mehr als das: Ein kleiner Reiseführer in die Geschichte und Kultur Schottlands.
Kate hat vor einiger Zeit einen Artikel über Sonia Delaunay geschrieben, und obwohl ich mir ein Teil des Werkes des Ehepaares Delaunay bereits vertraut war, wusste ich doch nicht, dass Sonia ebenfalls Textilien entwarf. Der Katalog zur New Yorker Ausstellung im Cooper-Hewitt ist lehrreich, gut layoutet und wundervoll durchzublättern.
Elizabeth Zimmermann hat nicht mal einen deutschen Wikipedia-Artikel, und ich weiß auch nicht, ob man sich das als nicht strickender Mensch hierzulande so vorstellen kann, aber: Elizabeth Zimmermann war so etwas wie die Revolutionärin der amerikanischen Strickgesellschaft. Neue Techniken, Maschen, die man prozentual berechnet und Strickbücher, die man gerne liest, weil sie so unterhaltsam geschrieben sind. Knitting without tears ist ihr vielleicht bekanntestes Buch, und ich habe wirklich keine Ahnung, warum das so lange ungelesen bei mir herumstand. Ich fühle mich etwas seltsam dabei, aber ich lese und muss lachen.
Ja sagen / Nein sagen
Früher war ich ein Nein-Sager, am meisten aber ein Vielleicht-Sager, manchmal auch „Mal sehen“ oder „Ich weiß noch nicht“.
Dann kam, in der Endzeit meiner Pubertät, die Kehrtwende, und auch in diesem Jahr habe ich zu ziemlich allem Ja gesagt: Ja zur Auslandserfahrung, Ja zu neuen Begegnungen, Ja zu diesem Projekt, Ja zu diesem anderen Projekt, Ja zum Umzug, Ja zum ehrenamtlichen Arbeiten, Ja zum Arbeiten für Geld, Ja zu dieser Party, Ja zu diesem Konzert, Theaterstück, Ja, Ja, Ja.
Wir leben in einer Gesellschaft, in der das Ja sehr angesehen ist, in der man ermutigt wird, alles mitzunehmen. Auf der anderen Seite wird man auch oft schief angeschaut, wenn man dies nicht tut. Aber jetzt steh ich da und schau zurück und merke, dass mir Ja zwar viele neue, schöne Dinge gezeigt hat und mich tollen Menschen näher gebracht hat, aber dass es mich auf Dauer kaputt macht. Es geht nicht. Der Mensch braucht von allem eine gesunde Balance im Leben, und dazu gehört auch das Nein. Das Nein, das man auch umarmen muss, und das einem ein guter Freund werden kann, wenn man es richtig einsetzt. Nein, ich bleibe heute zuhause. Nein, ich kann dieses Projekt nicht mit Herzblut unterstützen. Nein, ich kann dir heute nicht helfen, aber du schaffst das sicher auch ohne mich. Nein, eigentlich will ich das gar nicht.
So sehr ich Jahresrückblicke liebe, halte ich eigentlich nichts von Vorsätzen. Aber ich wünsche mir für mich und meine Zukunft, dass ich öfter in mich hineinhöre und dann erst entscheide, ob es nun ein Ja oder Nein ist, das da in mir schlummert, bevor ich dies laut ausspreche.
Ein Lichtspiel
Laszlo Moholy Nagys „Ein Lichtspiel“. Ich muss lächeln.
Sommer/Winter
Als Heranwachsene lag ich im Sommer oft im Garten meiner Eltern herum und wünschte mir, dass so ein Teenager-Sommer (wie er in allen Zeitschriften, Büchern und Filmen propagiert wird) doch endlich vorbeikäme und mich mitnähme, in seine endlosen Nächte und ebenso langen Badeseetage, mit heimlichen Schwimmbadeinbrüchen und nächtlichen Feiern.
Er kam nicht.
Wie das so ist, passieren einem die schönsten und schrecklichsten Dinge immer, wenn man es am wenigsten erwartet. Dieses Jahr hatte ich mein persönliches Stück Bilderbuchsommer.
the grass beneath my feet from murks on 8tracks.
Und weil es nichts Langweiligeres und Schöneres als Jahreszeiten-Playlists gibt, gibt es heute gleich zwei. Eine für den Sommer, den ich gedanklich nun abschließe, und einen für den deutschen, dunklen Winter, der mich normalerweise immer so nachdenklich macht, und den ich in ein paar Tagen dann auch wieder in echt erleben werde.
Ein Fuchs muss tun was ein Fuchs tun muss
Ich muss ein Projekt vorbereiten. Ich arbeite vor mich hin, mittlerweile ist es halb drei Uhr nachts. Was mich dabei grinsen lässt: Ein so junger Samy Deluxe, ein ebenfalls so junger Jan Delay (als Eißfeldt) und dann noch diese Fuchs-Thematik …