Von Tiefseetauchern und Urzeitviechern

Barcelona ist eine Stadt, in der architektonisch einfach alles möglich scheint. Die katalanische Hauptstadt scheint wie ein überdimensionaler Spielplatz- künstlerische Details an jeder Ecke, so dass man wirklich genau hinschauen muss.

Allen Architekten voran stapft da natürlich Gaudí, der wohl bekannteste Vertreter des „Modernisme“, dem katalanischen Jugendstil. Seine mosaikbedeckten Häuser und Bauwerke wie das Casa Batlló oder der Park Güell sind schon längst ein Wahrzeichen Barcelonas und Touristenziel Nr. 1. 

Park GüellCasa BatllóSagrada FamilaCasa BatllóPark GüellCasa Batlló

Ich fand diese Fülle an Kreativität gleichzeitig wundersam und inspirierend. Alles zeigt sich in sehr organischen Formen, ohne Kanten- Gaudí richtete sich ganz nach seinem Vorbild, der Natur.  Die verschiedenen Materialien wie Holz, Eisen, Glas und Keramik harmonieren trotzdem wunderbar und auf ganz eigene Weise zusammen.

Lampe im Casa BatlloHolz und GlasfensterFussboden im Casa MillaCasa BatllóCasa BatllóCasa Batlló

Vieles in seinen Bauwerken ist vom Meer und seinen Bewohnern inspiriert, wie zum Beispiel der Fußboden im La Pedrera (drittes Bild von links), der eine Schnecke, einen Tintenfisch und einen Seestern darstellt.

Ich selber musste oft an längst verstorbene Tiere wie die Ammoniten denken. Ich finde diese Tiere sehr fazinierend und auch inspirierend, und war entzückt, vor kurzem im Netz eine Strickanleitung für einen Ammoniten zu finden.

Ammoniten

Von Urzeitviechern zu Tiefseetauchern: Das Casa Batlló erinnerte mich ebenfalls zeitweilig an die Romane von Jules Verne, einem Zeitgenossen Gaudís. Die runden Formen, die Dunkelheit und die Muster auf den Wänden erzeugten ein Gefühl wie im U-Boot, 20.000 Meilen unter dem Meer. Verne war ein wahrer Zukunftsvisionär, und ich bin ein großer Bewunderer von ihm. Seine Abenteuerromane sind auch noch heute unterhaltsam und spannend zugleich, die Neuverfilmungen seiner Werke sollte man allerdings meiden. arte wiederholt deswegen am 30. Dezember den großen Jules Verne Themenabend, Kapitän Nemo aus dem Jahre 1954 inklusive.

20000 Meilen unter dem Meer / Jules Verne

Serienopfer im Buchladen

Besuche im Buchladen können zur Zeit sehr verhängnisvoll sein, weil zu Weihnachten wieder die schönsten Bücher und Dinge erscheinen und ausgepackt werden und du deswegen in Gefahr laufen könntest a) kein Geld mehr für irgendwelche Geschenke zu haben b) gebrochenen Herzens nach Hause gehen zu müssen, weil du dir sowieso nichts leisten kannst.

Die Süddeutsche Zeitung hat meiner Meinung nach schon längst übertrieben. Neben den ersten 50 Büchern der SZ-Bibliothek gab es dann plötzlich die SZ-Kriminalbibliothek, die Junge Bibliothek, Cinemathek, etc. etc. (…) und nun haben sie sich es zum Ziel gemacht, die große Kunst den kleinen Leuten mal ein bisschen zu veranschaulichen.
Da ich in Museumsläden am liebsten so lange bleibe wie im Museum selbst, zieht das ja leider mal wieder prima bei mir. Kann ich ja nur von Glück reden, dass mir ein mysteriöser Jemand zuvor kam und alles außer Macke und Klimt weggekauft hat.

SZ: Abenteuer Kunst

Taschenbücher sind undankbar. Sobald man angefangen hat, sie zu lesen, schleichen sich da die ersten Knicke im Buchrücken, der Einband fängt an, rumzufleddern, ganz zu schweigen davon, was passiert, wenn du sie regelmäßig mit zum Deutschkurs nimmst. In kleinere Taschen passen sie trotz ihres Namens trotzdem nicht und wenn du es wagst, sie in was Größeres mitzunehmen, leiden sie bald unter oben genannten Symptomen.
Endlich gibt es jemanden, der meine Sorgen teilt und so hat Fischer beliebte Bücher als Geschenkbücher herausgegeben. Die sind nur noch etwa so groß wie ein Notiz- oder Adressbuch und haben einen festeren Einband mit Bildern statt des üblichen Fischerlayout. Natürlich werden mit der Dicke des Buches die Seiten dünner, und so hat zum Beispiel „Die Frau des Zeitreisenden“ pargamentene Seiten, die an die Seiten unserer Schulbibeln erinnern. Wie auch immer, darüber muss man dann einfach hinwegsehen.

Fischer Geschenkbuecher

So und nun, liebe Verlage, hört auf, mich weiter in Versuchung zu führen und lasst das doch endlich mit den Sondereditionen.

Schere und Papier

Um nochmal kurz zu den Filmen von Frau Coppola zurückzukommen: Man kann ihr vieles vorwerfen, aber nicht, dass ihre Filme nicht hübsch sind. Sie versteht es sehr wohl, Schönes gekonnt zu arrangieren, das Hübsche in den Requisiten und auch in ihren Darstellern zu finden.

Lost in Translation

Lost in translation: Charlotte langweilt sich im Hotelzimmer und inspiziert darum die japanischen Eigenheiten, die da so in ihrem Zimmer rumhängen. Die Blumen nehmen der Lampe ihre Härte, machen Künstliches organisch.

Tord Boontje - Lampen

Diese Art von Lampe erinnerte mich sehr an die Werke von Tord Boontje, der wunderbare Lampen entworfen hat, wie zum Beispiel das „Blossom chandelier“ (links), bestehend aus LED-Lampen und Kristall. Die Leichtigkeit des Frühlings hängt auf diese Weise quasi an der Decke. Oder auch das „Midsummer Light“ (rechts), das mithilfe von Laserstrahlen ausgeschnitten wird.
Boontje interpretiert den klassischen Scherenschnitt neu: neben Papier benutzt er auch andere Materialien wie zum Beispiel Stoff.

Tord Boontje
Tord Boontje

Wunderschön finde ich diese Installationen. Sie wirken so verspielt, verträumt und ganz eigen.

Ganz klassischen Scherenschnitt findet man bei Su Blackwell: Da wachsen plötzlich Bäume aus Büchern, Alice im Wunderland erwacht in ihrem eigenen Buch. Papierkunst vom feinsten.

Su Blackwell

Allein in Versailles

Ich musste ja heimlich in mich hineingrinsen, als ich die Plakate einer Kinokette sah, auf denen ein Kinoabend nur für Männer angepriesen wurde. Das ist anscheinend die neue Gegenveranstaltung zur „Ladies Night“, bei der Männer zwar erlaubt, aber wenig erwünscht sind. Schubladendenken vom Feinsten: Liebesschnulzen für die Frauen, Ballerfilme für die Männer.

Ich habe ein einziges Mal an einer solchen Veranstaltung teilgenommen. Es handelte sich um die Premiere von Sofia Coppolas opulentem Werk „Marie Antoinette“. Ich war hoffnungslos in den Trailer verfallen und es stand fest, dass ich es nicht zulassen konnte, wenn jemand diesen Film vor mir sehen würde. Also kam ich um den gezwungenen Frauenabend im Kino wohl nicht herum- und kaufte Karten.

Zwischen Torten und Prunk

Ich ahnte nicht, in was ich mich dort begeben hatte- vor dem Kinosaal erwartete mich ein Glas Sekt und Essenstürme a la Marie – und eine Horde schnatternder Frauen. Erstmal in den Kinosessel gesunken, bemerkte ich zwei Sachen- erstens, dass sich mein Platz höchst ungünstig nah an der Leinwand befand, zweitens, dass sämtliche Wesen im Saal auch noch die ganze Vorschau durchquatschten. Den ganzen Film hindurch verfolgte Kichern und noch dazu war ich hochgradig enttäuscht von dem, was ich dort sah und verließ den Film, ohne auf das Ende des Abspanns zu warten.

„The Virgin Suicides“ hatte ich geliebt, „Lost in Translation“ nicht. Von „Marie Antoinette“ blieben nach dem Film nur unzählige Schuhe, Kuchen und schöne Kleider und ewig lange Sequenzen in Erinnerung. Vielleicht hatte ich mich auch einfach zu gut vorbereitet, zu viel erwartet: Von der Liebe zum Trailer angesteckt, sammelte jeden Zeitungsfetzen, der den Film behandelte, las im voraus alles, was ich über die historische Person der Marie Antoinette finden konnte. So auch Stefan Zweigs Biografie- die Coppola als „zu streng“ abstempelte. Dennoch ist es eine wunderbare Biografie, Zweig schafft es, historische Fakten und Hintergründe mit der Charakterstudie und Deutung der Marie Antoinette verzahnen zu lassen. In meinem Kopf hatte sich dabei ein ganz eigener Film entwickelt- und das war wohl auch das, was ich erwartet hatte. Historie gemischt mit Gefühlen.
Coppolas Sicht der Dinge sieht zunächst ganz anders aus: Das Rokoko wird mit dem Soundtrack der 80er unterlegt, die Kleider in Pastelltönen passen farblich zu Torten, Sekt und petit fours. Altem wird neuer Atem eingehaucht, die Dinge sehen nicht alt und verstaubt aus, sondern neu, glänzend und glamorös.
Auf das Volk und die Revolution wird dabei wenig Wert gelegt, man sieht also die Dinge nicht als Außenstehender, sondern durch Maries Augen- durch die Welt der Opernfahrten, Parties und Maskenbälle. Alles irgendwie ja sehr oberflächlich.

Idylle im Petit Trianon

An einem Abend ging es mir so schlecht, dass ich gerade Kuchen, Schuhe und schöne Kleider brauchte, und da ich mir keine romantische Kömodie antun wollte, griff ich eben auf „Marie Antoinette“ zurück. Und musste feststellen: Es gibt Filme, die man eben zweimal schauen muss.

Der Film richtet sich nämlich trotz allem nach sehr biografischen Aspekten: Coppola benutzte die Biografie von Antonia Fraser (die es hierzulande nur des Filmes wegen in der abgespeckten Fassung gibt), die sich vor allem mit den Gefühlen der jungen Dauphine beschäftigt. Als 14-Jährige allein von Österreich nach Frankreich, von der Etikette in ein ein enges Korsett geschnürt, großem Erwartungsdruck ausgesetzt. Die einzige Flucht bot ihr der Konsum und die Vergnügungssucht, aber auch ihre späteren Unternehmungen in ihr „Petit Trianon“. Dort errichtete sie sich, ironischerweise, eine kleine, eigene Welt mit kleinen Bauernhäusern und Wiesen, die möglichst natürlich wirken sollten. Abgeschlossen von der Strenge des Hofes, an einem Ort, wo sie endlich sie selbst sein konnte. Wunderbar die filmische Darstellung der Bälle und Opernfahrten neben den ruhigen Momenten. Coppola sagte, sie wolle mit diesem Film ein „Portrait“, eine Charakterstudie der unglücklichen Königin abliefern.

Queen of Debt

Die Schwäche des Films liegt eindeutig darin, dass die großen Ereignisse im Leben der Königin nur durch Bilder und Symbole statt durch Taten ausgedrückt werden. Leider ist das zu wenig. Marie Antoinette ist eine Person, die man mit ihrer Zeit verknüpfen muss, und da muss man wohl oder übel auch mal über den königlichen Tortentellerrand schauen. Dass Coppola die Tage vor dem Tod der Königin einfach weglässt und mit dem Auszug aus Versailles endet, hat dem Film auch nicht umbedingt genützt. Denn gerade in dieser Phase, nachdem die Revolution an die königlichen Toren klopfte, wurde Marie Antoinette zu dem, wozu sie bestimmt war: Zur Königin.

Der Film erzählt die Geschichte eines Mädchens, das sich allein in einer Welt voller Zwänge befindet und mit denen umgehen muss, die Geburstagsparties mit wunderbaren Kleidern und viel Sekt feiert, aber nicht die historischen Ereignisse, die dazu führten, dass diese Frau erst Königin wurde, als sie ihrem Tod schon fast ins Auge sehen konnte.

Bilder: kirsten-dunst.org

Die Litfaßsäule

Man scheint mich ärgern zu wollen. Fand ich ja schon schade genug, once im Corker Arthouse Kino nicht gesehen zu haben, stoße ich in Barcelona auf eine weitere Ermahnung.

Poster für 'once'

Ich habe sogar noch zuvor ich das Poster sah (die Litfaßsäule stand natürlich nicht weit entfernt von unserer Ferienwohnung, sodass ich so häufig wie möglich auf sie stieß) an diesen Film gedacht und mich gefragt, wann er denn wohl mal endlich in Deutschland laufen wird. Darüber streiten sich diverse Internetseiten, manche behaupten, er wäre schon längst angelaufen (huh?), andere dagegen meinen, er würde erst Januar 2008 in die Kinos kommen.
Die kleine Anzeige des Kinos hat mich beim ersten Mal schon dazu bewirkt, diesen Film sympathisch zu finden. Ein Straßenmusiker in Dublin trifft osteuropäische Immigrantin. Musik! In Dublin! Eine irische Produktion! Noch dazu hat der Film beim Lieblingsfestival Sundance wunderbare Kritiken bekommen und der Trailer sieht ganz nach Dublin & seinen Vororten aus. Dazu diese wunderbare Musik, die dich in einen gemütlichen und zufriedenen Zustand versetzt.Kann ich doch nur hoffen, dass man mich nicht allzu lange warten lässt, ich endlich irgendwo diesen Film sehen kann und die deutsche Synchronisation den Zauber des Filmes bewahrt.

Zwischen den Kulturen

Fatih Akin ist zur Zeit das Gesprächsthema in unserem Hause. Es begann diesen Sommer mit „Im Juli.“ und endete damit, dass alles ausgeliehen und angeschaut wurde, was dieser Mann so fabriziert hat.

Akins neuestes Werk „Auf der anderen Seite“ erzählt von sechs Menschen, jeweils zwei davon durch Blutsbande verbunden, in Deutschland, in der Türkei.

Der alte Türke in Deutschland, der auf eine Prostituierte trifft, und sie bezahlt, um bei ihm zu leben. Sein Sohn, der Germanistik an der Uni lehrt. Ayten, eine junge Frau, die wegen ihrer politischen Aktivitäten nach Deutschland flieht, worauf sie Lotte, eine deutsche Studentin trifft, welche sie in das Haus ihrer Mutter Susanne aufnimmt. Akins Protagonisten sind echte Menschen. Keine Abziehbilder, die man auf eine Leinwand klebt, sondern Menschen, die fühlen, Sehnsüchte haben, gar nicht so fern sind, von dem was man kennt. Sie könnten dein Nachbar sein. Sie sind greifbarer. Großartig ist die schauspielerische Darstellung dieser Charaktere, insbesondere von Baki Davrak und Hanna Schygulla.

Diese Personen, die auf den ersten Blick nicht verbunden scheinen, weben sich nach und nach für den Betrachter zu einem Netz zusammen. Die Lebenswege streifen sich, ohne dass die Beteiligten davon etwas merken. Manchmal möchte man aufspringen, Halt!, rufen, und Ordnung in diese Unordnung bringen.

Zwei Todesfälle. Die Welt rückt durch den Verlust ein wenig mehr zusammen, ohne dass sich alle Rätsel lösen. Der Wind der Nordsee vermischt sich immer mehr mit der warmen Luft der Türkei, wo schließlich alles mündet. Viele Wege haben sich schon getroffen, andere werden es in der Zukunft noch tun. Alles bleibt offen.

„Auf der anderen Seite“ ist nach „Gegen die Wand“ der zweite Film der Trilogie um „Liebe, Tod und Teufel“. Man darf gespannt sein auf das, was dieser Mann in der Zukunft noch präsentieren wird.

Hallo Welt!

Ehrlich: Es hat mir gefehlt. Nach einer Auszeit von zwei Jahren bin ich, ist sheepish.de wieder da. In den letzten Jahren war mir der Spaß am Designen sehr abhanden gekommen. Ich habe mich viel zu sehr unter Druck gesetzt und war frustriert, weil ich mir eigentlich selber im Wege stand. Also habe ich meine Seite vergammeln lassen, es tat mir zwar sehr Leid, die Seite (und damit auch seine Besucher) so zu vernachlässigen, aber ich war einfach zu faul (& es ist ja nicht so, als hätte ich nichts Neues entwickelt- ich habe es nur nicht hochgeladen).

 Andererseits war es eine schöne Zeit, um mich neu zu orientieren und Zeit für mich zu haben. Ich war im Ausland, habe auch sonst viel Schönes für mich erlebt und mich weiterentwickelt. Und dann passte diese typische private Seite auch nicht mehr zu mir. Ich habe mit dem Gedanken gespielt, sie zu löschen, aber das konnte ich doch dann wirklich nicht!

Durch mein Livejournal & meine zahlreichen Notizbücher, Fotos und Bilder wurden mir diese Dinge, und vor allem das Schreiben, immer wichtiger. Bis ich dann wusste, was mit dem Sorgenkind s.de zu tun ist: Ich mache einen Blog. Ich will schreiben, und zwar über das, was mich interessiert: Kunst, Literatur, Musik, Kino, Kultur & so weiter. Eine rein egoistische Entscheidung (ich hoffe, es gibt trotzdem Leute, denen das gefallen wird). Der Rest des Inhalts kommt noch.

Nach einigen Stunden des Herumquälens mit wordpress, endlosem Musikhören, Fragen wie „Wie funktioniert das? Warum funktioniert das nicht?“, lauten Jubelrufen ist sheepish.de wieder da.

Dies ist ein schlichtes Layout, aber es hat mir unheimlich Spaß gemacht, wieder zu coden und rumzutüfteln. Möglicherweise werden meine Layouts in der Zeit auch wieder kreativer & bunter werden. Wenn die Zeit reif ist. Dies ist erst der Anfang.