Über das Wasser – Gustave Caillebotte

Wer sich ein bisschen in den französischen Impressionismus hineinliest und dabei ein bisschen gräbt, wird wohl irgendwann auf den Namen Caillebotte, meist in Verbindung mit Claude Monet, stoßen. Caillebotte kam aus einer äußerst wohlhabenen Familie, hatte nach einem abgeschlossenen Studium eine Zeit lang an der Ecole de Beaux-Arts studiert und lernte später die Impressionisten kennen. Er stellte in der zweiten Impressionisten-Ausstellung acht Bilder aus. Später unterstützte er diese, indem er eine Sammlung impressionistischer Bilder aufbaute. Caillebotte war also Maler, Sammler und gleichzeitig ein leidenschaftlicher Bootsfanatiker, der Boote entwarf und selber segelte.

Gustave Caillebottes Regenbild

Gustave Caillebotte – Straße in Paris an einem regnerischen Tag (Bild von wikipedia)

Als ich in einem dicken Kunstband über die Impressionisten herumblätterte, den ich mir an einem Regentag in Irland aus der Bücherei ausgeliehen hatte, stieß ich auf die Straße in Paris an einem regnerischen Tag und war verzaubert. Auf den ersten Blick erinnerte es mich an Renoirs Regenschirme, ist aber vom Stil her ganz anders. Sein Stil ist sachlicher und detaillierter als der der Impressionisten und weniger flirrend. Traurig las ich, dass es weit weg im Art Institute of Chicago hängt und ich war mir nicht sicher, ob ich je etwas derart Schönes von Caillebotte zu sehen bekommen würde. Es ist einfach magisch. Dieses Bild ist einfach zum Träumen gemacht, es wirkt auf mich real wie kaum ein anderes.

Die Bremer Kunsthalle meint es gut mit mir und stellt den „wieder entdeckten Impressionisten“ in einer Ausstellung vor. Zwar ohne die Straße in Paris, aber mit Gemälden, die mit ihr locker mithalten können. Besonders thematisiert wird Caillebottes Beziehung zum Wasser und seiner Liebe zu Booten, die häufiges Motiv sind. Neben Bildern gibt es Bootsmodelle, Entwürfe und sogar eines seiner Boote zu sehen, welches auf den kuriosen Namen Roastbeef hört.
In einem Raum im Herzen der Ausstellung hängen großformatige Leinwände, die alle Szenen aus dem Leben auf oder am Wasser zeigen: paddelnde Kanufahrer mit Strohhüten, ein eleganter Herr mit Hut am Ruder, Angler am Ufer in modernen Bildausschnitten gemalt, die wie Schnappschüsse wirken. Alles ist in leuchtende Grün- und Blautöne gehalten und die jeweilige Szenerie spiegelt sich im Wasser wieder. Die Bäume bestehen aus vielen kleinen Pinselpunkten. Man kneift die Augen zusammen und dann braucht es nicht viel: Man sieht sich schon selbst im Kanu auf der Yerres, hört das schwappende Wasser, die singenden Vögel und das Rauschen in den Bäumen und fängt an, die Leidenschaft für das Treiben auf dem Wasser zu verstehen.

Über das Wasser – Gustave Caillebotte noch bis zum 05. 10. 2008 in der Kunsthalle Bremen.
Infos auf kunsthalle-bremen.de & ueber-das-wasser.de

Der ewige Teenager

Werner ist tot.

Unsere Axolotl sind gestorben.

Der Axolotl ist ein mexikanischer Querzahnmolch. Den netten Namen verdankt er den alten Azteken, den ihn vergötterten, aber dennoch gerne mal verspeisten. Er kommt heute noch in den Seen um Mexiko Stadt vor, hat sich aber in Zwischenzeit (dank Alexander von Humboldt) als beliebtes Aquarientier gemausert.
Der Axolotl führt ein träges Leben am Boden und wartet, bis ihm etwas direkt vors Maul schwimmt und er zuschnappen kann. Da das nicht besonders häufig vorkommt, kann er auch locker 6 Wochen ohne Futter überleben, allerdings treten sich in dieser Zeitspanne auch gerne mal kannibalistische Neigungen zum Vorschein.
Wer mal was über Amphibien in der Schule gelernt hat, weiß, dass sie nach dem Larvenstadium und der Geschlechtsreife an Land gehen. Nicht so der Axolotl- der bleibt sein ganzes Leben lang im Larvenstadium, da hilft auch die Geschlechtsreife nichts- ein ewiger Teenager, sozusagen.
Wenn man nicht auf die Idee kommt, Guppys in sein Aquarium zu setzen, kann er bis zu 15 Jahre alt werden.

Stöckchen oder Meme

Ich habe ja ziemlich schnell verstanden, dass das internet meme in der deutschen Blogosphäre Stöckchen genannt wird. Warum das so ist, weiß ich nicht. Eigentlich nicht schlecht, einem Wort, bei dem man auch nicht genau weiß, was es bedeutet (es sei denn, man fragt wikipedia) einen deutschen Namen zu geben, der auch einigermaßen verständlich ist. Hier nun also die sheepish-Premiere – tada!

1. Was liest du gerade?
Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker von Frederik Hetmann. Eine Biografie über Ernesto „Che“ Guevara. Das Buch hat mich einfach angesprochen; ich finde, dass er eine sehr faszinierende historische Person ist und möchte auch mal zwischen Mythos und Realität unterscheiden können (sofern das bei einer Ikone wie Guevara noch möglich ist.)

2. Welches Buch hat dich zuletzt stark beeindruckt?
Beschäftigt hat mich Alles ist erleuchtet von Jonathan Safran Foer. Ich finde Bücher interessant, die von der heutigen Sicht auf Themen wie Holocaust und Judenverfolgung eingehen. Außerdem war es so wunderbar verrückt geschrieben und gleichzeitig komisch und traurig zugleich und das mag ich sehr.

3. Sammelst du etwas?

Literarisch nicht wirklich. Ich habe darüber nachgedacht, eine Sammlung der Jugendbiografien vom Beltz und Gelberg anzulegen, ich mag sie und sie sehen sehr hübsch aus. Außerdem hätte ich gerne die gesammelten Erich-Kästner-Werke.

4. Schreibst du Widmungen in Bücher?
Nein.

5. Schreibst du deinen Namen in deine Bücher?
Nein. Hab aber lange über Ex Libris nachgedacht, suche aber immer nach schönen. (Achja, ich habe bald Geburtstag…)

6. Welches Buch hast du doppelt?
Nero Corleone von Elke Heidenreich hatte ich mal doppelt – verschenkt. Sonst Harry Potter 1 auf Deutsch & einmal auf Schwedisch.

7. Von wem würdest du dir gerne etwas vorlesen lassen? Was?
Mhmm, da muss ich erstmal drüber nachdenken. Mein Vater hat mir als Kind früher sehr viele schöne Kinderbücher vorgelesen und ich habe das sehr genossen.

Aber ich glaube, ich werde mir mal das hier zulegen. Womit die Frage beantwortet wäre.

8. Welche ist deine liebste Romanfigur?
Die Protagonisten müssen mir sympathisch sein, um ein Buch zu mögen, aber eine liebste Romanfigur habe ich nicht wirklich. Fast alle Protagonisten meiner Lieblingsbücher somit also meine liebsten Romanfiguren (wobei es hier auch immer mehr Ausnahmen gibt, je älter ich werde).

9. Nach welchem System ordnest du deine Bücher daheim?
Gar nicht. Ich habe nicht überwiegend viele Bücher, weil ich häufig aussortiere, viel ausleihe und wenig kaufe. Ich hab mein eigenes nettes System. Buchreihen kommen zusammen, ansonsten vielleicht nach Themen.

10. Lesen: vor dem ins Bett gehen oder nach dem Aufstehen?
Vor dem zu Bett gehen! Nach dem Aufstehen habe ich früher viel gemacht, mag ich aber nicht mehr so.

11. Welches Buch würdest du deinem größten Feind schenken?
Eins, was ich sowieso loswerden möchte und bei tauschticket verzweifelt auf einen neuen Besitzer wartet.

12. Hardcover oder Paperback?
Hardcover, bitte. Taschenbuch zerknickt mir zu leicht.

13. Zeitung auf Papier oder im Netz?
Papier, ich brauche das zum Frühstück.

14. Von welchem Buch bist du zum ersten Mal so richtig gefesselt worden?
Ich lese seit meinem 6. Lebensjahr gerne und sehr viel, deswegen habe ich darauf keine wirkliche Antwort.

15. Deine liebste Literaturverfilmung?
Literaturverfilmungen find ich allgemein toll, auch wenn sie schlecht sind – dann kann ich schön darüber herziehen.

Ich mag die Verfilmung von Gaarders Sofies Welt lieber als das Buch und damit wäre das wohl meine liebste. The Virgin Suicides von Sofia Coppola verstehe ich als perfekt angemessene Verfilmung eines Buches. Sehr gern mag ich auch die kreative Lemony Snicket Verfilmung. Ach, ich könnte ewig so weiter machen. Lass mich einen Eintrag darüber schreiben!

16. Tägliche oder wöchentliche Pflichtlektüre?
Tageszeitung. Schulbücher. Oder so.

17. Bevorzugte Urlaubslektüre?
Die Selbstmord-Schwestern von Jeffrey Eugenides ist ein Sommerbuch, finde ich. Und die Lindgren Sommerbücher wie Saltkrokan und Bullerbü.

18. Bester Romantitel?
Darüber werde ich nachdenken und vielleicht editieren.

19. Welches Buch sollte jeder Mensch gelesen haben?

Ein schönes. Jeder Mensch sollte ein schönes Buch in seinem Leben gelesen haben. Aber dazu müssten erstmal alle Menschen lesen können.

Ode an den Mohn

Mohn - (c) sheepish.de

Mohn - (c) sheepish.de

Komplementärkontraste mochte ich schon, bevor ich wusste, dass dieses Wort überhaupt existiert. Aber danach war RotGrün definitiv mein Favorit und ist es bis heute geblieben – achja, und hätte ich noch mehr grüne und rote Sachen im Kleiderschrank, würde ich im Moment wohl jeden Tag als Mohnblume herumlaufen. Jeden Morgen erfreue ich mich an den neuen Blüten, die Tag für Tag aufblühen, kräftige rote Tupfer im Grün, die aussehen, als ob jemand mit seinem Aquarellkasten herumgespielt hat.
Die großen Blüten des Klatschmohns erinnern mich an ein kräftig rotes zerknittertes Seidentuch und an den kleinen Prinzen, in dem die einfachen Mohnblüten mit der Rose verglichen wird, die sich im Gegensatz zu den einfachen Blumen lange in ihrer Knospe zurechmacht, um nicht zerknittert herauszukommen. Aber wer sagt denn, dass nicht gerade diese Eigenschaft hübsch und liebenswert macht?

Van Gogh,  Monet und der Mohn

Und während ich in den letzten Tagen Pinsel und Farben auspackte, um die schnell verblühten Blumen festzuhalten, kamen mir so mancher Maler in den Sinn, der den gleichen Gedanken verfolgte – von Nolde bis Monet (siehe oben).

Beide Fotos von mir, Bilder: Vincent van Gogh – Mohnblumenfeld, Claude Monet – Mohnblumen (wikipedia),

Heißluftballons

Ich weiß nicht warum, aber sie fazinieren mich. Der Hauptgrund ist warscheinlich die gleichnamige Verfilmung des Abenteuerromas In 80 Tagen um die Welt des Franzosen Jules Verne (dessen Werk sowieso eine ständige Inspirationsquelle für mich ist). Verfilmungen des Stoffes gab es genug, aber die wahrscheinlich schönste stammt aus dem Jahre 1956. Phileas Fogg und sein Diener Passepartout überqueren darin in einem Heißluftballon die Alpen und sammeln dabei nebenbei ein bisschen Schnee, um ihren Champagner zu kühlen.

Heissluftballons

1: Es ist ein Männer-T-Shirt, aber mein allerliebstes Kleidungsstück. 2: Diese Kekse solltet ihr essen, wenn ihr nach Italien kommt. Die Verpackungen von Mulino Bianco sind immer mit sehr viel Liebe gestaltet. 3: Bild von mmagallan bei sxc.hu. 4: Aus den Zeiten, als Filmposter noch kleine Kunstwerke waren.

Ballons sind auf eine Weise aufregend. Du weißt nicht, wohin der Wind dich tragen wird und wo du am Ende landen wirst. Noch dazu ist es so ein wunderbar klassisches Transportmittel: die kalte Luft kannst du auf deiner Haut spielen, die Menschen unter dir winken dir zu… du bist ein Farbtupfer mitten im Blau. Er ist persönlicher als ein steriles Flugzeug mit engen Fluren.

Das Beste daran- den Ballast kann man einfach wegwerfen und danach weiter aufsteigen…

Das Mixtape

Ich liebe Radio, auch wenn es mich beinahe ununterbrochen -das heißt: von 6 Uhr früh bis spät in die Nacht- nervt. Alle paar Jahre hinweg wechsele ich meinen Lieblingssender, wenn ich die Jingles nicht mehr ertrage, alle Moderatoren bennenen und noch dazu ihre blöden Witze auswendig kann.

Gründe dafür: Ich mag es, weil ich es auch nicht mag, andauernd meine eigenen CDs zu hören und diese dann irgendwann Leid zu sein, obwohl sie immer noch wunderbar sind. Ich mag es, weil das Radio irgendwie noch unberechenbar ist, selbst wenn man den neuesten Hit (den man schon beim ersten Hören nicht mochte) zum 6. Mal in einer Stunde hört. Was soll’s – ich kann immer noch umschalten.

Ich brauche Musik, zum Aufwachen, beim Umziehen, vor dem Einschlafen und zwischendurch. Und – das Beste daran – weil zwischen Mainstream und Radio 21 auch so manche Perle entdeckt, die da vor sich hin schlummert. Ein Lied, das du seit deinem 7. Lebensjahr nicht mehr gehört hast. Ein Lied, das du mal in einer Fernsehserie gehört hast. Ein Lied, das gerade perfekt zu deiner aktuellen Stimmung passt. Deswegen ist mein Lieblingssender auch das lokale Radioprogramm- da laufen afrikanische Trommelrythmen neben Schlagermusik; dort ist die Rate der magischen Radiomomente ein bisschen höher. Auch das Nachtprogramm der öffentlichen Sender kann nett sein, wenn sich das Musikteam musikalische Insider vorspielt und anschließend Emotionen austauscht.

Nur – diese magischen Momente im Radio sind flüchtig. Plötzlich ist er da, dein Radiomoment – dein Schmetterling! Wo mag das Schmetterlingsnetz denn heute wohl schon wieder sein? …kaum hat man es aus den Tiefen seines Schrankes herausgefischt, ist er verflogen. Der Sender spielt erbarmungslos ein neues Lied, natürlich ohne den Titel angesagt zu haben.

Hilfe muss her und deswegen greife ich jetzt auf das Kultobjekt Nr. 1. zurück. Ich gehe zurück in die Zeit, in der konzentrierte Jugendliche vor dem Radio saßen und den Radiomoderator verfluchten, der da in ihr Lieblingslied reinquatschte.  Ich mache ein Mixtape.  Nur – bei mir muss es nicht perfekt sein. Magische Momente werden leider eben auch von lästigen Moderatoren durchbrochen, aber wenigstens habe ich sie gefangen, bevor sie entwischen konnten. Jetzt müssen sie nur noch kommen. Und ich warte.

Farbenlehre

Sizilien - Kaktusfrucht

Man kann immer noch viel von der Natur lernen. Nichts gleicht sich, funktioniert dennoch und ist vollkommen auf seine eigene Weise. Abgestimmt sind auf jeden Fall die Farbkombinationen, die man findet, wenn man die Augen ein wenig weiter aufmacht.
Mein Liebling ist auf jeden Fall das Orangenbäumchen: saftiges Grün trifft leuchtendes Orange.

Sizilien - Orangenbaum

Voldemort can’t stop the rock

Als die Brüder Joe und Paul DeGeorge 2002 eine Band namens Harry and the Potters gründeten, waren sie sich nicht bewusst, dass dies der Anfang einer neuen Fanbewegung werden würde. Mit einfachen und Potterorientierten Texten, schrammeliger Musik, Harry-Potter-Dresscode (Krawatte, Hemd, grauer Pullover) und Auftritten in Büchereien und Buchläden erreichten sie bald ein breiteres Publikum und Nachahmer. Selbstproduzierte Alben aus dem Familienwohnzimmer folgten.

Die aus Jux erfundene Spielerei entwickelte sich rasant zu einem neuen Musik-Genre namens Wizard Rock. Die Liste der Interpreten ist ebenso lang wie skurril und beinhaltet Namen wie The Parselmouths, Ministry of Magic oder The Remus Lupins. Die Texte erzählen von Freud und Leid im Rowling-Universum und Anekdoten aus Hogwarts.

Harry and the Potters

Das Phänomen der musizierenden Bücherliebhaber ist schwer begreiflich, ein wenig komisch und irgendwie sehr lustig. Um der noch nichtsahnenden Bevölkerung diese Subkultur ein Stückchen näher zu bringen, filmt die Dokumentation We are Wizards nun vor und hinter den Kulissen des Potterkults.

Denn diese Leute sind eben auch nur Menschen, die ihre Leidenschaft für ein Buch auf die etwas andere Weise ausdrücken. Eine Botschaft dabei ist „Fight Evil – Read Books“ – für mehr Literatur im Alltag. Der Sinn scheint aber zunächst zweitrangig. Hier geht es um Spaß am Musizieren, am Zusammensein mit Gleichgesinnten mit einer Prise Verrücktheit und natürlich am Lesen. Kinder, die nie ein Instrument in den Händen gehalten haben, fangen an selber Musik zu machen. Musik verbindet eben. Harry aber auch.