Wunderkammer

Freud A Series of unfortunate Events Franz Kafka

Gerade jetzt in der Zeit, wo die Tage mehr Dunkelheit als Licht besitzen, bin ich merkwürdig fasziniert von Schauergeschichten, dem Unterbewussten, schwarzem, britischem Humor, Psychologie und merkwürdigen Dingen.

Angestoßen haben das zwei wunderbare Ausstellungen in New York: die gesammelten Werke von Alfred Kubin in der Neuen Galerie und die Wunderkammer Ausstellung im Museum of Modern Art, die auch eine Website besitzt, die den Charme der Ausstellung ganz gut widerspiegelt. Wunderkammern waren sowas wie der Anfang aller Museen – eine Sammlung von Kuriositäten. Das MoMA hatte allerlei Surrealistisches und Merkwürdiges an Federzeichnungen und Basteleien zusammengetragen. Alfred Kubin war dort nicht vertreten, hätte da aber auch gut reingepasst – ein pessimistischer Künstler mit einem schwierigen Lebenslauf und krassen Zeichnungen über den Tod und das Leiden. Der widerum war ganz stark inspiriert von Edgar Allen Poe.

Im Rahmen der New Yorker Kubin Ausstellung wurde auch Sleepy Hollow gezeigt, und obwohl ich ein bisschen zuviel von Tim Burton habe (und Johnny Depp, den er in fast jedem seiner Filme rumlaufen lässt), musste ich zugeben, dass er damit sehr gut harmoniert. Der Stil seiner Filme ist eben doch legendär und noch dazu hat er einen interessanten Geschmack für schwarzhumorige und merkwürdige Kinderbücher, wie zum Beispiel Dahls Charlie & the Chocolate Factory. Dieses Buch wird mich auf immer und ewig an verregnete Nachmittage in irischen Bibliotheken und den Geschmack von Cadbury’s Chocolate erinnern (noch dazu bin ich hoffnungslos dem britischen Akzent verfallen).

Tim Burton Poe Alfred Kubin

Dahl A Series of unfortunate Events Wunderkammer

Dahls Geschichten scheinen mir auch eine der Inspirationsquellen für Lemony Snickets A Series of unfortunate Events gewesen zu sein. Eine Reihe von 13 Büchern, in denen die drei liebenswürdigen und hochintelligenten Baudelaire Waisen ständig versuchen, dem heimtückischen Count Olaf zu entweichen. Wem 12 Bände zuviel sind, der kann sich 12 Books in 120 seconds anschauen und dann erst Band Nr. 13 lesen oder sich die Verfilmung anschauen, die visuell auf jeden Fall einen Blick wert ist. Man sollte sich nur nicht zu sehr von Herrn Snicket beirren lassen – der versucht andauernd, die Leser bzw. Zuschauer des Buches/Filmes von den unheimlich schrecklichen Ereignissen abzubringen und schüttet sie nebenbei mit umständlichen Fremdwörtern und Redewendungen zu.

Bilder (1) wikipedia, (2) Paramount (3) wikipedia (4) Paramount (5) wikipedia (6) amazon (7) wikipedia (8) Brett Helquist (9) Odilon Redon

Rückblick 2008

Nachdem ich schon das Einjährige meines Blogs verschlafen habe, kümmere ich mich nun darum, eine kleine Tradition weiterzuführen… meinen cineastischen Jahresrückblick. Leider fielen meine Kinobesuche in diesem Jahr ziemlich mau aus, an guten Filmen hat es mir trotzdem nicht gemangelt.

1. Into the Wild – Sean Penn

Ich messe diese Wahl am Wirkungsgrad  des Filmes, und dieser Film wollte mir nach zwei Wochen nicht aus dem Kopf gehen. Liegt zum Teil daran, dass ich für den Stoff, den der Film behandelt, schon immer sehr empfänglich war und mich schnell für Aussteigergeschichten begeistern konnte. Vielleicht aber auch daran, dass es wirklich ein großartiger Film ist – mit sauber ausgewählten Schauspielern, einem grandiosen Soundtrack und umwerfenden Naturaufnahmen ist, die dich im Kino fast erschlagen.

 2. Once – John Carney

Dieser kleine Film ist schon zwei Jahre alt. Diese Zeit hat er allerdings sinnvoll genutzt- um von Irland aus über den großen Teich zu schippern und ganz Hollywood eine wirkliche Harke zu zeigen.

3. The Oxford Murders Álex de la Iglesia

Auf diesem Platz könnten eigentlich etliche Filme stehen. So ganz konnte ich mich nicht einigen, aber The Oxford Murders war mit Abstand der Film, der mich in diesem Jahr am meisten überrascht hat. Ich hatte nämlich mit wenig bis gar nichts gerechnet – und bekam eine kriminell-raffinierte Mischung aus Philosophie und Mathematik, die mich total umgehauen hat. Und das, obwohl ich weder Krimis noch Mathe mag.

Ein Liebesbrief

Ich war vielleicht so um die 11 Jahre, als ich mein Religionsbuch zum Einschlagen zum Schreibwarenhändler brachte und er mich prompt fragte, ob ich den wüsste, wie der Künstler des Bildes hieße. Ich wusste es nicht. Nach dem Gespräch, das folgte, war ich interessiert und höchst erfreut, als ich einen Kunstband für Kinder fand, in dem Vincent van Gogh (das war nun also der mysteriöse Maler mit Sämann) behandelt wurde. Ich nahm damals alles mit einer kindlichen Selbstverständlichkeit hin- der berühmte Vorfall mit dem abgeschnittenen Ohr schockte mich nicht und so begann eine Romanze mit dem berühmtesten Maler der Welt, obwohl ich damals noch nicht mal sagen konnte, warum ich seine Bilder nun so gerne mochte, warum die Sonnenblumen ein exorbitantes Vermögen wert sind und warum sich alle Welt mit ihm beschäftigt.

Vincent van Gogh

Bilder von wikipedia , Foto von mir

Heute, sieben Jahre später, habe ich einige Fragmente für die Antworten dieser Fragen zusammengesammelt und bin der Meinung, dass das Van Gogh Museum in Amsterdam brilliant aufgebaut und sich hervorragend & intensiv mit dem Lebenslauf des Künstlers beschäftigt. Eines ist klar: Es ist geradezu klischeehaft, eine Lobeshymne auf den Maler zu schreiben, der so vermarktet und gehypt wird, dass sogar Action Figuren (with removeable head/ear) von ihm produziert werden – und doch versuche ich mein Pensum von einer Ausstellung pro Jahr zu halten (dieses Jahr sogar zwei: die in der Albertina in Wien & im MoMa) und merke, jetzt, wo ich auf der Suche nach meinem eigenen Strich bin, dass ich vielleicht nur deshalb so mag, weil es Parallelen zwischen uns gibt. Und dass ich jedesmal blöd grinsend durch eine Ausstellung laufe, weil es mich glücklich macht.

Ich stecke mal wieder in den Briefen an seinen Bruder Theo und denk dabei oft an meinen irischen Kunstlehrer, der meinte, dass Van Gogh arm, aber leidenschaftlich gegenüber seiner Kunst war und dass er sogar so leidenschaftlich war, dass wir (der gesamte Kurs von 8 Schülern) mit einem Tropfen seiner Passion für die nächsten 3 Monate aufgeladen wären. Heute versucht die ganze Welt, diese Leidenschaft und Energie in seinem Strich zu finden. Are we passionated about anything?

Das erste Mal zum 10. Jahr

Die jungen (und alten) Leute der Region, von denen man sich beiweilen fragt, wo sie tagsüber denn geblieben sind, standen am 12. September vor dem kleinen Theater in einer langen Schlange, um einen Stempel mit der Aufschrift DRINGEND aufgedrückt zu bekommen – die Eintrittskarte zum 16. Braunschweiger Poetry Slam, der damit auch gleich sein 10. Jubiläum feiern wollte. Wie auch viele der Teilnehmer war auch ich eine Debütantin – allerdings als Zuschauerin. Mit Filmen ist das so ähnlich: Man weiß schon vorher, dass man ihn mögen wird, verpasst dann aber jede Filmvorstellung, und erwischt irgendwann (sehr viel später) die Chance, ihn doch noch zu sehen- und natürlich mag man ihn. Besser spät als nie oder so.

Die Darsteller waren 12 Teilnehmer, eine Jury aus Zuschauern, eine Moderation, die leider nicht so schnell Punkte zusammenrechnen konnte wie die Klugscheißer aus dem Publikum und das Ziel, einen poetischen, selbstgeschriebenen, klangvollen Text in 5 Minuten vorzutragen. Das Inhaltsspektrum war groß und reichte von Wacken über Liebe zu einem Klorohrbruch. Manchmal langsam und betont wie ein Schulkind und mit zerknülltem Zettel abgelesen, manchmal schnellundmitvielenWorteninmöglichstwenigZeitvorgetragen, ließen sich Debütanten und erfahrene Slammer schon unterscheiden – was das Ganze nur noch interessanter und abwechslungsreicher machte. Mit altbekannten Gedichten hatte das Ganze doch in allen Fällen wenig zu tun: Junge, schlagfertige, wortwitzige Texte mit vielen Lachern kamen in fast allen Fällen dabei heraus, dazwischen auch Denkanstöße und immer wieder das harte Urteil danach. Die Luft wurde Vortrag für Vortrag dicker, so dass man sich wunderte, dass die Slammer auf der Bühne überhaupt noch etwas Luft bekamen.

Ein wenig schade, dass die erfahrenen Slammer der Runde – im Gegensatz zu den Debütanten-  nahezu alle schnell und viel sprachen, überzogen und damit ins Finale einzogen- was eine grandiose Leistung war, aber mochten wir doch die präzise Beschreibung einer Teetantenrunde eines Erstlings am liebsten.

Als die Gewinner am Ende auf der Bühne stehen und ihre Buchpreise in den Händen halten, frage ich mich, wie man es schafft, Alltagsmomente in so poetisch einzupacken und lebenswichtige Fragen, die man oft verdrängt, so präsentiert, dass sie einem wirklich zu Herzen gehen.

Das erste Mal bleibt selten das letzte.

Best of Lesung des 16. Braunschweiger Poetry Slam am 10. 10. 08 im Roten Saal

Wir waren da

Tuhans Imbiss

Wir waren da – an einem warmen Tag im März, nach der Fahrt mit der S-Bahn ins Westend Berlins- nach einigem Suchen zwischen netten Häusern und vielen Hausnummern. Als wir davor standen, wussten wir nicht recht, ob das nun wirklich das Ziel unserer kleinen Reise war- alles sah so verändert und ordinär aus – und das sollte es ja auch. War es nun die richtige Hausnummer oder gab es noch einen kleinen Imbiss, der es sein könnte? Wir entschieden uns, das Essen nun auch zu testen (wenn wir denn schonmal da waren, das musste es sein). Die Möbel standen anders, die Theke war am anderen Ende des Raumes – was ist denn heute noch real im Fernsehen? – und nichts deutete auf 86 Folgen hin, die dort gedreht wurden. Wir bestellten, aber das Essen schmeckte mir nicht (die Sojasoße war dann doch zuviel des Guten), und dann zogen wir schon wieder von dannen. Zuhause musste ich erstmal nachschauen, ob ich wirklich am richtigen Ort gewesen war.
Natürlich ist es ein wenig albern, nach einem Ort zu suchen, der real und doch fiktiv ist- vor allem, wenn es sich um eine Fernsehserie handelt- aber lustig war es dennoch. Das nächste Mal betreibe ich vielleicht weiter Kinotourismus und suche Herrn Lehmanns Restaurant mit Schweinebraten.