escuarda

Mein Geodreieck war das erste, wovon ich mich verabschieden musste. Es hat die Reise nicht überlebt.
Ich fischte nur noch ein paar Plastikstücke aus meinem Wanderrucksack. Nun habe ich wohl endlich mein Sinnbild für Deutschland gefunden: ein präzises Geodreieck. Denn wie sich herausstellte, ist es in Valencia unmöglich, ein 30 cm langes Geodreieck mit Raster und ohne Loch in der Mitte zu finden.
Im kleinen, aber sonst sehr gut ausgestatteten Schreibwarengeschäft-Künstlerbedarf, der sich direkt neben der Schule befindet, erklärte man mir, dass so etwas hier nicht existiere. Nachdem ich dem nächsten Schreibwarenverkäufer wild gestikulierend und in gebrochenen Spanisch meinen Herzenswunsch näher gebracht hatte, durchsuchten wir gemeinsam die Schubladen. In der untersten Schublade, unter Millionen durchlöchererter escuadras verborgen, entdeckte ich dann, was ich suchte: Ein Rumold-Geodreieck, in deutscher Verpackung. Aber nur mit 20 cm Skala. Ich habe es dann für lächerliche drei Euro trotzdem mitgenommen, dazu Sekundenkleber – um mein geliebtes, großes Geodreieck zu flicken…

Wie sich später herausstellte, ist es nicht Spaniens Schuld. Laut leo ist das „Geodreieck ein deutsches Phänomen“. Ich schüttle nur leise den Kopf und frage mich in meinem Schnittzeichenkurs jedesmal, wie alle anderen das ohne präzises Geodreieck mit Raster und ohne Loch hinbekommen.

Wie sie sehen

wie sie sehen.

Das Foto entstand vor einem Jahr an dem Set von Wie sie sehen – einem Kurzfilm von Roman Hagenbrock. Nun feiert er endlich Premiere – am 01. Dezember, im Deutschen Theater Berlin.
Natürlich bin ich gerade in Spanien. Vielleicht hat jemand von euch Zeit?

14 N

Für eine Deutsche ist der November in Spanien ungewöhnlich warm. Der Wind ist an diesem Abend so stark, dass ich das Gefühl habe, ich könnte mich hineinlegen. Er macht alles ein wenig dramatischer, meine Haare werden in alle Richtungen geweht. Es ist der 14-N, der Tag des Generalstreiks.

Vorboten am Morgen: Als ich zu meinem Spanisch-Kurs gehe, kommt mir eine Gruppe vermummter Jugendliche entgegen. Auf der größten Straße Valencias, der Blasco Ibañez, steht die Polizei. Autos stauen sich, denn heute kann sich keiner auf die öffentlichen Verkehrsmittel verlassen. Seit Tagen hängen in der ganzen Stadt Plakate, die auf Valenciano auf den Vaga hinweisen. Auf dem Rückweg sehe ich das Skelett eines ausgebrannten Müllcontainers.

Wir machen uns gegen halb sechs auf den Weg. Telefonate aus der Heimat erzählen von Ausschreitungen der Polizei am Morgen. Wir packen unsere Ausweise ein. Als wir losgehen, weiß ich nicht so recht, was mich erwartet – vor allem scheint das Ganze so surreal: Von den spanischen Protesten wurde soviel in den deutschen Medien berichtet, dass es sich komisch anfühlt, jetzt Teil so eines Protestes zu sein. Die Straßen sind voll. Wir stellen uns auf Balustraden und Mülleimer, um das Ende der stehenden Masse zu sehen – und können es nicht. Die Menschen warten, trommeln und pfeifen, und es dauert lange, bis sich der Zug in Bewegung setzt.
Das Zeichen des Protestes ist eine Schere – gegen die Kürzungen, die recortas. Mädchen tragen Pappscheren im Haar, alte Herren Filzbroschen in Scherenform, Jugendliche, Frauen und Männer aller Altersstufen Plakate. Manchmal ist auf ihnen auch Angela Merkel zu sehen. Ein Megaphon brüllt: „Wir wollen keine Provinz Deutschlands sein“.

Die Masse bewegt sich langsam durch die große Einkaufsstraße Valencias. Die Geschäfte schließen oder sind bereits geschlossen – dabei dauert es noch lange bis zum offiziellen Ladenschluss. Verkäufer in menschenleeren Geschäften schauen wie Goldfische durch die Glasfassaden, die von Protestanten mit „Cerrado por huelga“-Aufklebern („Wegen Streik geschlossen“) beklebt werden.

Jedesmal, wenn der Polizeihubschrauber über das Geschehen kreist, wird das Rufen und Pfeifen lauter. Polizisten sieht man aber in dem sonst sehr polizeipräsenten Valencia nicht. Wir kommen an der Puerta del Mar an. Die Demonstration löst sich langsam auf. Zum Schluss tanzt noch eine Gruppe auf der Straße, begleitet von Trommelmusik. Wir gehen nach Hause.

Bilbao

guggenheim

Ich bin unwissend nach Bilbao gefahren. Mein Ziel war das Guggenheim – und Bilbao, das klang so exotisch, eher wie ein Ort im Regenwald als nach einer Stadt in Spanien. Dann fand ich mich plötzlich im Baskenland wieder, und Bilbao, das klingt deswegen so unspanisch, weil es nicht spanisch ist. Es ist baskisch. Dass man im Baskenland ist, merkt man daran, dass die Namen der futuristisch-aussehenden U-Bahn-Stationen viele X beinhalten und dass, wie in Valencia auch, alles zweisprachig ist. Hier spricht man aber eben kein Catalan oder Valenciano, sondern Baskisch. Baskisch weist, wie ich bald erfahre, jedoch keinerlei Ähnlichkeiten zu irgendeiner anderen „lebenden“ Sprache auf, es ist eine sogenannte isolierte Sprache.
Ein junger Baske namens Eder („Como Meister Eder und Pumucki“, grinst er, weil ich mir seinen Namen beim ersten Mal nicht merken konnte) erklärt mir dann später den Unterschied zwischen den Basken und den Südspaniern: Die Basken werden dir nie „Guapa“ hinterher rufen – das ist unhöflich. Höchstens, fügt er dann hinzu, im sehr betrunkenen Zustand. Außerdem sollen sie für einen sarkastischen Humor bekannt sein, und, „They’re hard to find in Bilbao“ – das erzählt mir zumindest schmunzelnd ein Brite, den ich am gleichen Abend in der Couchsurfing-Szene treffe.
Warm habe ich sie – ganz dem Vorurteil entsprechend – nicht erlebt, aber höflich. Ich muss oft an Norddeutschland denken, und vielleicht gefällt es mir deswegen so gut hier. Geografisch ist es dennoch anders: Bilbao liegt in einem Tal, und wenn man nach oben schaut, sieht man Häuschen an Berghängen.
Am Ende der Reise ist das Guggenheim das, was mich am wenigsten beeindruckt hat – ich aber hab einen neuen Lieblingsort.
Eder macht mir noch eine Liste mit neuen Reisezielen: Toledo, Granada und Cádiz stehen darauf. Wenn er von Cádiz erzählt, fangen seine Augen zu leuchten: „Die Menschen sind so warm und herzlich dort“.

our bedrooms

goodbye,

Ich ziehe aus. Und sage dem kleinen Zimmer Auf Wiedersehen, in dem ich nun so die letzten Jahre verbrachte, mit Schrägen und Balken und nicht so viel Platz, aber dafür viel Gemütlichkeit.
Nach einem längeren Ausflug in den Süden und um ein paar klassische Erasmus-Erfahrungen reicher werde ich dann in ein Zimmer ziehen, das so ziemlich das Gegenteil vom meinem jetzigen darstellt.
Grund genug, die Lieblings(mädchen)zimmer aus meiner Filmsammlung rauszuholen, denn ich erfreue mich mittlerweile manchmal mehr an der Ausstattung eines Films als am ganzen Rest.

The Edge of Love

Sofies Welt – eins meiner Lieblingsfilmzimmer, einfach, weil es so authentisch wirkt und so gut zu Sofie passt

Pretty in Pink

Die Träumer

The Virgin Suicides – zwar mittlerweile übergesehen & -gehypt, für mich trotzdem noch dabei

Mondscheinkinder – mit Astronautentapete

Tavi und das manic pixie dream girl

Ein Video, was mich in letzter Zeit sehr beschäftigt, ist dieses hier:

Zum einen bin ich immer wieder erstaunt, wie reif Tavi für ihr Alter ist, zum anderen beeindruckt davon, was für eine gute Rhetorikerin sie ist – und wie lässig und ironisch sie handgezeichnete Paint-Folien aussehen lässt (nehmt das, ihr durchgestylten PowerPointler da draußen).
Tavi redet über Frauenbilder in unseren Medien, die mehr Abziehbildern gleichen, und mein Lieblingssatz ist wohl dieser:

„(…) people expect women to be that easy to understand and women are mad at themselves for not being that simple when in actuality women are complicated, women are multifaceted, not because women are crazy but because people are crazy and women happen to be people.“

Wenn ich an viele meiner alten Lieblingsfilme zurückdenke, gibt es darin oft weibliche Charaktere, die auf den ersten Blick aussehen, als würden sie nicht in dieses Schema der Frau ohne Innenleben gehören, die sich beim zweiten Hinsehen sich aber als genauso flach und ziellos entpuppen – dazu gehört vor allem das manic pixie dream girl, in das man sich als Zuschauer wohl entweder selbst verliebt oder es am liebsten von der Leinwand werfen würde.
Und dann gibt es noch die Filme, in denen überhaupt keine weibliche Hauptpersonen gibt und Frauen genauso viel zu sagen haben wie das Szenenbild – als optischer Reiz für den Zuschauer. Meiner Meinung nach ist das wohl auch ein Problem, das sich wohl nur dadurch lösen kann, dass mehr Filmemacherinnen in der von Männern dominierten (amerikanischen) Filmindustrie arbeiten. Dennoch finde ich gerade den Diskurs darüber und das aktive Bewusstwerden dieser Tatsache sehr wichtig – vor allem, wenn das so selbstbewusst aussieht wie bei Tavi.

An alle Frühstücker da draußen

Frühstücken ist toll, denn man kann es auch den ganzen Tag lang tun. Die perfekte Frühstücksmusik muss ein bisschen beschwingt sein, damit man wach wird, darf aber nicht zu schnell sein, denn man will sich ja an seinen Brötchenkrümeln nicht verschlucken.
Meine Damen und Herren, hier kommt der vielfach getestete und über Jahre gewachsene ultimative Frühstücksmix (auf meiner neuen Lieblingsplattform 8tracks (jaichweißichbindaspätdranokay?)):