Mein Geodreieck war das erste, wovon ich mich verabschieden musste. Es hat die Reise nicht überlebt.
Ich fischte nur noch ein paar Plastikstücke aus meinem Wanderrucksack. Nun habe ich wohl endlich mein Sinnbild für Deutschland gefunden: ein präzises Geodreieck. Denn wie sich herausstellte, ist es in Valencia unmöglich, ein 30 cm langes Geodreieck mit Raster und ohne Loch in der Mitte zu finden.
Im kleinen, aber sonst sehr gut ausgestatteten Schreibwarengeschäft-Künstlerbedarf, der sich direkt neben der Schule befindet, erklärte man mir, dass so etwas hier nicht existiere. Nachdem ich dem nächsten Schreibwarenverkäufer wild gestikulierend und in gebrochenen Spanisch meinen Herzenswunsch näher gebracht hatte, durchsuchten wir gemeinsam die Schubladen. In der untersten Schublade, unter Millionen durchlöchererter escuadras verborgen, entdeckte ich dann, was ich suchte: Ein Rumold-Geodreieck, in deutscher Verpackung. Aber nur mit 20 cm Skala. Ich habe es dann für lächerliche drei Euro trotzdem mitgenommen, dazu Sekundenkleber – um mein geliebtes, großes Geodreieck zu flicken…
Wie sich später herausstellte, ist es nicht Spaniens Schuld. Laut leo ist das „Geodreieck ein deutsches Phänomen“. Ich schüttle nur leise den Kopf und frage mich in meinem Schnittzeichenkurs jedesmal, wie alle anderen das ohne präzises Geodreieck mit Raster und ohne Loch hinbekommen.