Mieses WLAN und neue Fragestellungen: Das Wendland Design Camp

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Das Wendland ist für mich immer eine Art Sehnsuchtsort gewesen. Mit siebzehn wollen andere Teenager in Großstädte, ich in einen Rundling ziehen. Als sich im September die Möglichkeit bot, ganze vierzehn Tage am Stück auf dem Werkhof im Dörfchen Kukate zu verbringen und mich dort auch noch komplett mit meinem alten neuen Studienschwerpunkt Design beschäftigen zu können, überlegte mein sonst so verkopftes Wesen einfach mal – kein Sekündchen.

Das Wendland, im Kreis Lüchow-Dannenberg im östlichsten Zipfel von Niedersachsen gelegen, ist für seine Widersprüche bekannt: Für idyllische Dörfer des Typus Rundlings und, direkt nebenan, das Atommülllager Gorleben. Für die daraus resultierenden Proteste mit der Gründung einer Republik Freies Wendland im Jahre 1980 und den Zusammenhalt der Bewohner, der durch die Anti-Atomkraft-Bewegung nur bestärkt wurde. Und für die 600.000 Gäste, die den Landkreis zu den Aktionstagen der Kulturellen Landpartie bevölkern, während in der Innenstadt von Lüchow die Ladenlokale leerstehen. Die Region ist mit 48.000 Einwohnern einer der am dünnsten besiedelten Landkreise Deutschlands und ist – wie fast alle ländlichen Gegenden Deutschlands – vom demografischen Wandel betroffen.

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Wendland Design Camp 2015

Wendland Design Camp 2015

Anders als in vielen Kleinstädten und Landkreisen Deutschlands beginnt man hier allerdings schon jetzt, zu handeln. Die Initiative Grüne Werkstatt Wendland hat es sich zum Ziel gesetzt, die Probleme des ländlichen Raumes zu thematisieren. Sie stellt Kontakte zu den Kunsthochschulen und Universitäten her, vernetzt Studierende und junge Absolventen mit lokalen Unternehmen, organisiert Workshops für junge Erwachsene, die mit ihrer Unterstützung neue Ideen in den Landkreis tragen. In gewisser Weise ersetzt sie die Universität, die es im Wendland nicht gibt. Immer im Fokus steht dabei die Frage: „Wie wollen wir in Zukunft im ländlichen Raum leben?“

Das Design Camp für Design-Studierende ist nur eine von vielen Aktivitäten, die die Grüne Werkstatt organisiert, aber eine der umfangreichsten: Dreizehn Teilnehmer, vierzehn Tage, sieben Themenstellungen von ganz unterschiedlichen Auftraggebern, dazu mieses WLAN und der nächste Copy-Shop nur mit dem Auto erreichbar. Aber dafür Hühner, die den Workflow unterbrechen, Gemüse, das aus dem Garten des Kochs kommt und die hochmotivierte Daniela Marzavan als Coach.

Wendland Design Camp 2015, Unternehmenseinblick in der Kreativschmiede Schlachter

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Seit Tagen versuche ich das, was mir da Ende September im Wendland passiert ist, wirklich in Worte zu fassen. Es gelingt mir nicht. Die Routine, die sich nach nur wenigen Tagen einstellte. Die Tatsache, dass ich dort das wohl entspannteste Wochenende des Jahres verbrachte, um danach nur noch konzentrierter weiter zu arbeiten. Genauso wenig kann ich genau festmachen, warum mich das Wendland heute wie damals so fasziniert. Es ist vielleicht die kritische Haltung auf die (eigene) Welt, die sich durch das Bewusstsein der Bewohner zieht. Der daraus resultierende Regionalstolz und Zusammenhalt. Oder die Tatsache, dass ich mir keine andere ländliche Region vorstellen kann, die überhaupt auf die Idee kommt, Design-Studierende einzuladen, um sich mit den Fragestellungen des ländlichen Raumes zu beschäftigen. Mir hat die Zeit dort zumindest eine Ahnung gegeben, wie meine Arbeit der Zukunft aussehen könnte.

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Design Camp 2015, Abschlusspräsentation

Design Camp 2015, Abschlusspräsentation

Die wunderbaren Fotos haben Annett Melzer und Anatol Kowalewski geschossen.

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