London Nights (OT: Unmade Beds) kann man auf den ersten Blick in die Sparte Indie-Teeniefilme stecken, die in den letzten Jahren die Kinos bevölkert haben- nur das ganze nicht auf die Highschool-Art, sondern ein bisschen europäischer.Der Film mit dem in Deutschland eher nichtssagenden Titel handelt von zwei einsamen Heranwachsenden um die 20, die aus ebenso klassischen Teeniefilmmotiven in die Metropole London gekommen sind: Vera aus Belgien versucht auf diese (etwas seltsame Art) über ihren Ex-Freund hinwegzukommen, Axl aus Spanien (oder war es nun doch Portugal?) sucht seinen leiblichen Vater. Beide verbindet die Tatsache, dass sie in einem abgewrackten besetzten Haus in London wohnen, zusammen mit gefühlten 100 anderen Jugendlichen, die wohl auch keine Lust oder Geld auf Zuhause/Couchsurfing/Hostel haben. Trotzdem sind alle hip gekleidet, mit blauen Vintage-Stiefeln, Adidas-Turnschuhen und Moleskine-Notebooks ausgerüstet, tagsüber schlafend (meist in fremden Betten, das erklärt zumindest den englischen Originaltitel), nachts in der Club- und Pubszene London unterwegs, wo sie ihr nicht vorhandenes Geld für Pints ausgeben.
Zudem arbeitet Vera noch in einem kleinen Buchladen, wo sie geschickt Leute davon abhält, Bücher zu kaufen, die etwas mit Liebe zu tun haben.
Soweit, so gut, so einfach und absurd – Vera lernt den mysteriösen „Röntgen-Mann“ kennen, mit dem sie zwar ins Bett geht, aber trotzdem nicht mehr als diesen Spitznamen von ihm kennt. Axl hingegen nimmt Kontakt zu seinem Vater auf, hat aber nicht den Mumm, ihm zu sagen, wer wirklich er ist.
Der Film führt uns noch durch zahlreiche Kneipen, Hotelzimmer, zum Strand: Sie trifft sich mit dem anonymen Lover nach dem Motto „Du sagst wann, ich sage wo“ an den bevölkersten Stellen der Stadt. Axl dagegen läuft irgendwann heulend durch den Park und dann ist der Film auch zuende. Vera hat ihren Liebhaber wiedergefunden, Axl springt aus einem fliegenden Flugzeug (mit einem Fallschrim, versteht sich).
Der Film versucht, ein Bild der derzeitigen Jugend abzubilden, was ihm meiner Meinung auch irgendwie gelingt. Es wird so viel Wert auf Äußerlichkeiten gelegt, dass das Innere zu kurz kommt.Er versucht so krampfhaft, oberflächlich hip zu sein (Indie-Musik, schöne Vintage & Markenklamotten, Moleskine-Skizzenhefte, Polaroids von ungemachten Betten, Tiermasken- so ziemlich jedes Klischee der jetzigen Blogger-und Flickrszene wird aufgenommen), dass er vergisst, die Hintergründe der Jugendlichen mehr auszubreiten. Was wissen wir über unsere Protagonisten? Eigentlich ziemlich wenig.
Stellenweise kommt der Film ruhig daher, mit langen Sequenzen und Dialogen, die poetisch klingen sollen. In solchen Momenten hat es mich auch nicht gestört, dass die Handlung überhaupt nicht ausgereift war. Eine der schönsten Stellen in dem Film ist die Szene, wenn Vera in Flashbacks erzählt, wie sie sich mit ihrem Freund in einem Irrgarten verlaufen hat. Weil man wirklich etwas über Veras Innerstes erfährt.
Eigentlich wäre es ja okay, wenn diese ganzen kleinen Dinge, diese eigentlichen Oberflächlichkeiten, mit dem der Film sich so sehr beschäftigt, so detailliert gezeigt würden, so dass sie uns mehr über den Charakter der Menschen erzählen würden. Dann wäre der Film sogar gerettet – aber nein, es bleibt bei der Oberfläche: Vera klebt sogar die Polaroids lieblos in ihr Skizzenbuch. Da haben wir selbst von Kirsten Dunst in crazy/beautiful (2001) ein besseres (und authentischer wirkendes) Beispiel gesehen.
Zudem wirkte der Film auch so wie eine Filmfassung der britischen Jugenderie Skins, nur dass diese es im Gegenteil zu London Nights schafft, das Leben und die Probleme der Heranwachsenden (trotz ausgiebig langer Partyszenen) ernsthaft abzubilden, anstatt sie nur anzukratzen.Auch wenn es jetzt nicht so rüberkommt, hat mir der Film trotzdem gefallen, weil ich irgendwie die heutige Zeit darin gespiegelt sah und mir Veras Storyline mit der Zeit ans Herz gewachsen ist. Aber über ein „ganz nett“ kommt er einfach nicht hinaus.